Lebendiges Mittelalter

Nur mal fix um die Ecke.
Ich fühle es, bin da, bin mittendrin in Limburg. 1335. Geschäftiges Treiben. Durch enge Gassen, unter den Giebeln der prächtigen Patrizierhäuser. Der Spielmann singt, der Scharlatan versucht mir Wundersalben anzudrehn, ich muss dem Pferdedung ausweichen. Durch die Rinnen walzen sich seltsame Gemische runter zum Fluss. So modern wie in Bern ist es hier leider nicht, wo die Abwasser unterirdisch zur Aare gelangen dürfen oder in Freibung, wo die Dreisam in Rinnsalen über jede Strasse geleitet wird und dadurch ein zügiger und recht sauberer Abfluss gewährleistet ist. Immerhin besser als in München, wo einfach alles in die Gräben gekippt wird und es unsäglich stinkt.
Ich schlendere den Römer hoch. Wo der Reichtum wohnt. Vierstöckiges Fachwerk, bunt, Eichentüren, Schnitzereien – irre. Mit Domblick. Das rotbemalte Westwerk mit seinen mächtigen romanischen Türmen versetzt mich in Staunen. Das Staunen, wie so etwas möglich ist oder besser: möglich war. Wir bauen heute ja so gerne mit Beton und natürlich mit Stahl und auch viel Glas. Immer wieder Beton und Stahl und Glas. Klar ist der Brutalismus mit seinem absolut nicht wunderschönen Sichtbeton immerhin meistens überwunden, doch sehe ich in der Postmoderne nun auch nicht gerade Schönheit, die mir die Seele krault. Diese Erhabenheit! Diese Pracht! Dieser Zauber! Das erhabendste, was wir ja heutzutage so hinkriegen, sind Kranhäuser – wow… Na gut, selten entstehen ganz schicke Sachen wie beim Dresdener Militärhistorischen Museum oder vielleicht auch dem Berliner Hauptbahnhof. Aber was ist das im Vergleich? Was ist das da mit dem Beton und dem Stahl und dem Glas.
Und dann gleich um die Ecke das.

 

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